Farbe im Interior Design: Der Farbkreis und wie man ihn verwendet
Gestaltungsmittel Farbe
Bis zu 80 Prozent der Informationen über unsere Außenwelt werden von unserem Sehsinn geliefert. Weit abgeschlagen finden sich dann Gehör und Geruchsinn.
Ebensolche Abstufungen gibt es auch innerhalb des Sehens – wir nehmen erst Farben, dann Formen von Gegenständen wahr.
So ist auch klar, weshalb Farben beim Einrichten eine so bedeutende Rolle spielen.
Mit Farben können wir Ordnungen schaffen, Stimmungen beeinflussen, Proportionen in Räumen verändern und vieles mehr. Zur Farbwirkung findet ihr hier bereits ein paar Informationen.
Interior Designer (aber natürlich nicht nur) sprechen oft wie selbstverständlich von Komplementärfarben, Farbharmonien oder monochromatischen Farbschemata. Doch was ist das eigentlich alles?
Farben ordnen? Die Suche nach dem System.
Schon Aristoteles versuchte, Farben in eine Art Schema einzuordnen. Er beobachtete dazu die Natur und reihte Farben linear; sie wurden dabei gemäß des Tagesverlaufs gereiht: Weiß, Gelb, Rot, Violett, Grün, Blau, Schwarz. Mehr oder weniger bekannte Farbkreise entwickelten auch Newton, Goethe oder Karl Hering.
Der Farbkreis nach Johannes Itten
Die wahrscheinlich größte Bekanntheit hat heute, trotz der Kritik daran, der Farbkreis von Johannes Itten (1888-1967). Der Schweizer Kunstpädagoge und Maler entwickelte während seiner Lehrtätigkeit am Bauhaus in Weimar von 1919 bis 1923 einen zwölfteiligen Farbkreis. Dessen Basis bilden die drei Primärfarben (Farben erster Ordnung): Rot, Gelb und Blau.
Weiterentwickelt wurde der Farbkreis vom Österreicher Roman Liedl (1940-2019), während Harald Küppers ein ganz eigenes Modell entwarf.
Der Kreis basiert auf den drei Grund- oder Primärfarben: Rot, Gelb, Blau. Diese können aus keinen anderen Farben gemischt werden.
Sekundärfarben ergeben sich aus der jeweiligen Mischung zweier Primärfarben. Rot + Gelb = Orange; Blau + Gelb = Grün; Blau + Rot = Violett. Diese Farben wiederum gemischt ergeben 12 Farben, die man in den Kreis einordnen kann. Hält man sich an Itten, kann man diese sogen. Buntfarben also Farben des Farbkreises) von den sogen. Nichtfarben (Schwarz und Weiß) unterscheiden.
Wie man mit dem Farbkreis arbeitet
Komplementärfarben für höchste Kontraste
Beim komplementären Farbschema kommen zwei einander gegenüberliegende Farben im Farbkreis zum Einsatz. Dabei handelt es sich um das kontrastreichste aller Farbschemata, das sehr sorgsam eingesetzt werden muss. Bei der Raumgestaltung ist somit wichtig, zu entscheiden, welche die Hauptfarbe sein soll. Die Komplementärfarbe wird dann oft für Akzente eingesetzt.
Geteilt-komplementäres Farbschema
Beim geteilt-komplementären Farbschema werden zusätzlich zur Grundfarbe die beiden Farben neben der komplementären eingesetzt. Es stellt somit eine Variation des Komplementär-Farbschemas darf. Dieses Schema hat einen ähnlich starken visuellen Kontrast wie das zuvor genannte, jedoch weniger Spannung.
Meist wählt man eine Farbe als Hauptfarbe, die anderen beiden als Neben- und Akzentfarben.
Dreiklang
Ein harmonischer Dreiklang entsteht durch ein gleichseitiges Dreieck; es werden Farben verwendet, die gleichmäßig um das Farbrad verteilt sind.
Dreiklänge sind meist sehr lebendig, selbst wenn man wenig gesättigte Versionen der Farbtöne verwendet – es ergibt sich ein Farbschema mit großer Spannung.
Die Farben sollten sorgfältig ausgewählt werden – wählen Sie am besten eine Farbe als Hauptfarbe, die beiden anderen als Akzente.
Verbundenes oder analoges Farbschema
Zum Einsatz kommen Farben, die auf dem Farbkreis direkt nebeneinander liegen. Sie passen normalerweise gut zusammen und schaffen ruhige, komfortable Designs. Analoge Farbschemen kommen häufig in der Natur vor, sind harmonisch und angenehm für das Auge.
Oft wird hier eine Farbe als Hauptfarbe gewählt, eine zweite zur Unterstützung. Die dritte wird – zusammen mit Schwarz, Weiß oder Grau, dann nur als Akzent eingesetzt.
Monochromes Farbschema
Wie der Name schon sagt, wird hier nur eine Farbe verwendet. Diese allerdings in den unterschiedlichsten Varianten, von hell bis dunkel, hoher bis geringer Sättigung, usw. Es gibt hier keinen Kontrast zu anderen Farben, doch monochrome Farbschemata lassen Räume strukturiert und elegant wirken. Beim Einrichten ist hier wichtig, mit unterschiedlichen Strukturen, Oberflächen und Formen zu arbeiten, damit das Schema nicht langweilig wirkt.
Farben sind – neben Formen – DAS Gestaltungsmerkmal in der Innenraumgestaltung. Monochrome Farbschemata sind bei uns sehr beliebt, können aber auch rasch langweilig wirken.
Es muss nicht immer gleich ein großes Möbelstück in Komplementärfarbe oder eine Wand sein – auch kleine Accessoires und Deko-Objekte eignen sich, um diverse oben erwähnte Farbharmonien umzusetzen.
Vielleicht probierst Du einfach mal zwei Kissen in geteilt-komplementären Farben zu Deinem Sofa? Oder Du kombinierst eine Hauptfarbe mutig mit Dekoobjekten in gegenüberliegender Farbe?
Arbeite ruhig mit dem Farbkreis, er gibt Dir Sicherheit beim Kombinieren.
Seien ruhig mutig! BE BOLD!!
Buchempfehlungen zum Thema
- Wohnen mit Farben von Anna Starmer: Dieses Buch bietet Dir eine Vielzahl an Farbvarianten. So erkennst Du auf einen Blick, was Dir gefällt und kannst es direkt umsetzen. Leider scheint das Buch aktuell auf Deutsch nicht verfügbar zu sein, aber die englische Ausgabe ist erhältlich: Colour Scheme Bible, Inspirational Palettes for designing home interiors
- Farrow & Ball How to Decorate: Transform your home with paint & paper: Ein Klassiker vom großen englischen Farbenhersteller mit vielen schönen Bildern und Inspiration
- Wohntrend Farbe: Inspirationen für Wände, Möbel und Wohnaccessoires: Ein sehr schönes deutschsprachiges Buch mit ebenfalls einer Menge schöner Bilder
- Wohlfühlfaktor Farbe: Ein Praxishandbuch für die Gestaltung in Ihrem Zuhause: nicht ganz so toll wie das erstgenannte Buch, die Bilder finde ich persönlich nicht alles schön, einen guten ersten Einblick gibt es jedoch dennoch.